Noch Spiel oder schon Kampf?
Spielaggression? Futteraggression?
Zwei weitere mögliche Formen von Aggression im Katzenhaushalt
Hast du dich bei einem wilden Spiel deiner Katzen auch schon mal gefragt, ob das wirklich noch Spiel oder schon ein erst zu nehmender Kampf ist? Endet das Spiel gern auch mal mit blutenden Händen? Lauert dir deine Katze auf und attackiert schmerzhaft Füße und Waden?
Ich möchte dir hier die Unterschiede zwischen einer „netten Rauferei“ und einer Spielaggression aufzeigen. Du erfährst, welche Ursachen es gibt und was du tun kannst, um das Zusammenleben von Zwei- und Vierbeinern zu verbessern!
Oft haben Hüter von mehreren Katzen die Befürchtung, dass ihre Katzen sich nicht verstehen, ernstlich miteinander kämpfen und die Tiere womöglich dauerhaft getrennt werden müssen. Bei genauerem Hinsehen wir dann meist klar, dass es sich um eine katzentypische Rauferei handelt. Eher selten schlagen solche Spiele in Aggression um.
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Aber dennoch gibt es sie – die Spielaggression. Auffallend ist, dass es in der Regel Parallelen in der Vita der Katzen gibt!
- Sehr häufig wurden die Katzenkinder unter 12 Wochen von Mutter und Geschwistern getrennt.
- Hier spielt es keine Rolle, ob sie schlichtweg zu früh abgegeben wurden oder ob es einen anderen Grund gab. Zu früh getrennten Kitten fehlen neben motorischen Fähigkeiten leider auch emotionale Selbstkontrolle und vorallem das 1 x 1 der Katzenkommunikation. In der Prägephase ab der 9. Lebenswoche erlernen sie all die wichtigen Dinge, die für ein soziales Katzenleben wichtig sind. Im Zusammenspiel mit anderen Katzen fehlt diesen Tieren dann die Fähigkeit sich zu bremsen und die Möglichkeit, Signale der anderen Katzen richtig zu deuten.
- Gerade wenn Hände, Füße und Waden von Menschen in Mitleidenschaft gezogen sind, finden sich zwei weitere Parallelen (oft leider auch noch in Kombination). Sie leben zum Großteil von Anfang an alleine. Es steht kein Artgenosse zur Verfügung. Du bist also du der Ersatz und wirst „bespielt“.
- Hinzu kommt: Wenn die Katze den ganzen Tag alleine ist und auf dich wartet, ist sie gelangweilt, frustriert und unausgelastet. Diese angestauten Gefühle brechen dann im Spiel durch.
- Die zweite Parallele ist, dass sehr häufig gerade süße kleine Kitten regelrecht animiert werden mit der Hand zu spielen.
- Wird die Katze größer, die Krallen schärfer, die Bisse kraftvoller, passt es dem Menschen nicht mehr, doch woher soll die Katze das wissen? Für sie ist es ihr vertrautes und Lieb gewonnenes Spiel!
Was kannst du also tun, damit es gar nicht soweit kommt?
- Kitten frühestens mit 12 Wochen aufnehmen
- Katzen, aber im besonderen Kitten nie alleine halten
- Hände nicht als Spielzeug anbieten
- Auch in deiner Abwesenheit Beschäftigung schaffen (Spielzeuge/versteckte Leckerchen/ gesicherter Balkon)
- regelmäßige Spieleinheiten mit deinen Katzen (z.B. Mit Reizangeln)
- Auslastung, auch geistig (Fummelbretter/Clickern)
Was kannst du tun, wenn du die Problematik erkennst:
- bei Einzelhaltung einen passenden Artgenossen suchen (Alter und Charakter sollten ähnlich sein, meist klappt es gleichgeschlechtlich besser, beide müssen kastriert sein/werden und der Partner sollte bestmöglich sozialisiert sein)
- Hände nicht als Spielzeug anbieten und bei Angriffen sofort entziehen
- Zum Lauern auf Füße/Waden Alternativen bieten (Spielzeuge, die das Belauern von Beute simulieren etc.)
- Möglichst viele Spieleinheiten, die körperlich und geistig auslasten
Die Futteraggression, eine oft verkannte Aggressionsform
Leider sind sehr häufig wir Menschen schuld daran, wenn Katzen in Zusammenhang mit Futter aggressiv werden:
- Knurren, sobald der Napf gefüllt ist
- Die Partnerkatze wegdrängen oder auch mit Pfotenhieben auf Abstand halten
- Den Menschen in die Hand/Wade beißen, wenn er dem gefüllten Napf zu nahe kommt
Diese Verhaltensweise sind nicht „normal“, sie weisen eindeutig darauf hin, dass es für die Katze im Zusammenhang mit dem Futter einen oder mehrere Stress-Faktoren gibt, die zu aggressivem Verhalten führen.
Doch welche Faktoren sind dies und was kannst du tun um deinen Katzen zu einer stressfreien, entspannten Nahrungsaufnahme zu verhelfen?
- Futterplatz: wähle eine ruhige Stelle in der Wohnung, an der die Katze ihren Futterplatz eingerichtet bekommt. Die verwendeten Näpfe sollten möglichst weit sein, mit keinem all zu hohen Rand -> ist der Napf zu klein stößt die Katzen mit den Vibrissen (Schnurrhaare) am Rand an oder diese werden sogar nach hinten gebogen, dies ist für die Katzen äusserst unangenehm.
- Gerade wenn schon Aggressionen gezeigt werden oder sich Katzen neu kennen lernen: zwinge sie nicht zu nah beieinander oder sogar aus einem Napf zu fressen. Jeder hat seinen (reich gefüllten) Napf in beruhigendem Abstand zum Artgenossen.
- Artgerechtes Futter: genau wie uns Menschen macht Hunger auch Katzen aggressiv! Daher sollte das Futter für die Katze artgerecht, nahrhaft und gut sättigend sein. Da Katzen Häppchen-Fresser sind, sollte idealerweise den ganzen Tag Futter zur Verfügung stehen, sodass deine Katze immer wenn sie Appetit hat, Futter zur Verfügung hat. (artgerechtes Futter ist ein hochwertiges Naßfutter mit hohem Fleischanteil, ohne Zucker und ohne Getreide oder aber mit dem nötigen Wissen zusammengestellte BARF-Rationen!)
- Futtermenge: gerade Kitten werden häufig (und völlig zurecht) als kleine siebenköpfige Raupen bezeichnet! Es ist unglaublich, welche Mengen ein gesundes, aktives Kitten in oder vor einem Wachstumsschub in sich rein schaufeln kann. Deshalb ist es wichtig, dass die Kleinen das auch dürfen! Auch im Erwachsenenalter macht es aus meiner Sicht absolut keinen Sinn eine gesunde Katze, bei artgerechter Fütterung, in der Menge zu reglementieren.
Du siehst, es ist gar nicht so schwer, die Weichen gleich am Anfang richtig zu stellen. Wenn du dann mögliche Anzeichen noch erkennst und richtig deuten kannst, steht einem entspannten Zusammenleben in den meisten Fällen nichts im Wege.
Überlege dir gerade bei einem Kitten immer, ob das Verhalten, zu dem du es oft selbst animierst, auch im Erwachsenenalter noch gewünscht wird.
Ein Kitten, dass die Jeans hochkrabbelt ist süß, wenn du „fünf Kilo Katze am Hosenbein hängen hast“, hat der Spaß schnell ein Ende!
Der Artikel ist ebenfalls auf www.pfotencafe.de erschienen. Lieben Dank an unsere Tierheilpraktikerin Susanne Seuffert fürs Korrekturlesen.